Kippfiguren

Thomas Melle: Versetzung, Deutsches Theater (Kammerspiele), Berlin (Regie: Brit Bartkowiak)

Von Sascha Krieger

Eigentlich läuft bei Ronald alles großartig: Der Lehrer ist beliebt, sein Schulleiter, der kurz vor der Pensionierung steht, eröffnet ihm, ihn zu seinem Nachf0lger machen zu wollen, seine Frau ist schwanger. Und doch steht er draußen. Brit Bartkowiaks Uraufführungsinszenierung beginnt er vor dem Eisernen Vorhang, seinen unsichtbaren – nicht anwesenden? – Schülern über die Benutzung des Wortes „Opfer“ als Schimpfwort dozierend, was in den Worten „Ich bin ein Opfer.“ kulminiert. Ein Monolog ins Leere hinein. Wenn der Eiserne hochgeht, eröffnet sich der Blick auf eine angehobene Spielfläche. Biederes Holz à la Gelsenkirchener Barock und dröger blauer Teppichboden. Die anderen Protagonist*innen, derer Schulapparat samt Eltern, Lehrer*innen, Schüler*innen versammelt sich darauf – Ronald bleibt draußen. Alles scheint gut, normal, und doch ist irgendetwas nicht ganz richtig. Klar, bekommt er gleich die Fischfutterdose fürs Aquarium überreicht, das Zepter eines spießigen Schulleiters, aber sein Besuch auf dem Podium des Dazugehörens scheint von Beginn an temporär angelegt. Hinzu kommt Daniel Hoevels‘ immer leicht verkrampfter, angespannter Duktus als Ronald. Nein, hier steht etwas im Raum. Nicht greifbar, vielleicht nur eine Illusion des überwachen Zuschauers.

Bild: Arno Declair

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