Nach dem Roman von Erich Maria Remarque: Die Nacht von Lissabon, Maxim Gorki Theater, Berlin (Regie: Hakan Savaş Mican)
Von Sascha Krieger
„Irgendwo soll es doch bleiben. Wie es war. Wenigstens noch eine kleine Zeit.“ Es sind die letzten Worte, die Dimitrij Schaad an diesem Abend spricht. Und es könnten auch seine ersten sein. In Erich Maria Remarques Roman Die Nacht von Lissabon trifft ein mittelloser deutscher Emigrant in Lissabon, im Zweiten Weltkrieg für viele letzter Fluchtpunkt in Europa auf dem Weg nach Amerika, auf einen Österreicher, der ihm sein begehrtes Visum anbieten. Einzige Bedingung: Er muss sich eine ganze Nacht lang dessen Geschichte anhören. Die er so zumindest kurzzeitig bewahren will. Denn so wie das Vergessen irgendwann sein Leben tilgen wird, hat es die Emigration längst getan. Sein Leben ist ein Nichts, er ein Niemand. Ohne Heimat, ohne Namen, ohne Identität. Stets im Wartesaal, immer dazwischen. Nicht drinnen und nicht draußen, so wie die Parider Ringautobahn, auf der einst der Bataclan-Attentäter seinen Bus fuhr. Leere erfüllt auch die Bühne in Hakan Savaş Micans Bearbeitung im Berliner Gorki Theater. Ein Nirgends dieser Raum, dessen einziges Mobiliar – abgesehen von einem Aufbau für die vierköpfige Band – rechts vorn ein kleines Schreibtischchen mit Stuhl ist. Hier schreibt, erinnert, erfindet sich der Erzähler diese Leben im Zwielicht herbei, die verdrängten, nicht beleuchteten, an den Rand gedrängten.