Olga Grjasnowa: Gott ist nicht schüchtern, Berliner Ensemble (Regie: Laura Linnenbaum)
Von Sascha Krieger
Er kommt spät in Gang, dieser Eröffnungsabend, dieser Neustart am Berliner Ensemble, dieses Hineinspielen in die leere, das gelichtete Parkett, die vielen Lücken. Mi einem Stück, einer Romanadaption, in der es selbst um Lücken geht, um Verlorenes, um – im Gegensatz zu den entfernten Sitzreihen am Schiffbauerdamm – Unwiderbringliches. Die syrische Revolution steht im Mittelpunkt von Olga Grjasnowas Geschichte, von ihr selbst für die Bühne übertragen. Ihre Anfänge, ihre Scheitern, ihr Nachwirken. Es geht um die angehende Schauspielerin Amal, ihren Kommilitonen und späteren Freund Youssef und den in Paris lebenden und plötzlich in Syrien festsitzenden Arzt Hammoudi. Drei Prototypen von menschen, die in die Ereignisse hineingeworfen wurden, ein Aktivist, eine verliebte, freiheitsliebende anfängliche Mitläuferin, einen außenstehende, der sich irgendwann gezwungen sieht sich zu positionieren. Man merkt den Figuren ihre Zeichenhaftigkeit ab, ihren Zwang, für etwas, eine Haltung zu stehen. Das macht den Abend zunächst so schwergängig. Cynthia Micas, Armin Wahedi und Marc Oliver Schulze (hinzu kommt Oliver Kraushaar als Autoritätsfigurspieler vom mahnenden Vater bis zum still zynischen Geheimdienstgeneral) mühen sich redlich und zunächst eher vergeblich, ihren Protagonist*innen eine dritte Dimension zu verleihen.